Historie

Die Geschichte unserer Genossenschaft

Als 1990 die Selb­st­Bau e.G. mit dem ersten Hauskauf in der Rykestraße gegrün­det wurde, war nicht klar, dass dies der Beginn eines Konzeptes war, dass sich auch auf andere Häuser über­tra­gen und entwick­eln ließ. Fast jährlich hat sich ein Wohn­pro­jekt der Genossen­schaft angeschlossen. Das Grund­prinzip der Selb­st­Bau e.G. bei jed­er Erweiterung war, dass sich ein neues Haus­pro­jekt mit­tel­fristig wirtschaftlich selb­st trägt und die beste­hen­den Pro­jek­te finanziell nicht belastet. Aus den Rück­la­gen der beste­hen­den Häuser kann zwis­chen­fi­nanziert, grund­sät­zlich aber nicht sub­ven­tion­iert wer­den.
Die “Geschichte” der Genossen­schaft in der Rykestraße reicht in die let­zten zwei Jahre der DDR zurück. Im Herb­st 1988 mehrten sich Gerüchte von einem geplanten großflächi­gen Abriss der Häuser im Gebi­et um die Rykestraße (damals Wohn­bezirk 65).

Foto Luftaufnahme Prenzlauer Berg Wasserturm

Die Bürgerinitiative Rykestraße

Hin­ter­grund war die ein­seit­ige Aus­rich­tung der DDR — Baupoli­tik auf exten­sives Bauen an den Stadträn­dern. Hier ließen sich mit Beton­fer­tigteilen schnell massen­haft Woh­nun­gen erricht­en — Voraus­set­zung zur Erfül­lung des ehrgeizigen Woh­nungs­baupro­gramms der SED. Die Folge war der Zer­fall der Innen­städte, vielerorts blieb nur noch der Abriss der his­torisch gewacWeit­ere Häuser wer­den in Selb­sthil­fe saniert und modernisiert​_Weitere Häuser wer­den in Selb­sthil­fe saniert und mod­ernisierth­se­nen Stadtk­erne übrig. Mit den Fol­gen dieser Baupoli­tik haben wir heute zu kämpfen.

Im Mai 1988 wurde am Bauhaus Dessau ein Entwurf­ssem­i­nar durchge­führt, daß die Auf­gabe hat­te “mit Vorschlä­gen zur Anwen­dung und Weit­er­en­twick­lung des Sor­ti­ments der Woh­nungs­bauerzeug­nisse des Woh­nungs­baukom­bi­nats Berlin bezo­gen auf den aus­gewählten Stan­dort Rykestraße im Stadt­bezirk Pren­zlauer Berg den Weg der weit­eren Konzen­tra­tion des inner­städtis­chen Woh­nungs­baus vorzuze­ich­nen und Entschei­dun­gen dafür vorzu­bere­it­en”.

Im Klar­text hieß das: Die herun­tergekomme­nen Grün­derzei­thäuser in der Rykestraße soll­ten abgeris­sen und durch uni­forme Beton­neubaut­en erset­zt wer­den. Mit dem “Pilot­pro­jekt Rykestraße” waren die Weichen für einen großflächi­gen Abriß großer Teile des tra­di­tion­sre­ichen Arbeit­er­bezirks Pren­zlauer Berg gestellt.

Einige Bewohner­in­nen und Bewohn­er der Rykestraße waren empört über die bekan­nt­ge­wor­de­nen Pläne und über die Ver­fahrensweise, bei der über die  Köpfe der Betrof­fe­nen hin­weg geplant wurde. Sie beschlossen, einen alter­na­tiv­en Bebau­ungsvorschlag für die Rykestraße zu erar­beit­en. Eine qua­si ide­ale Pla­nung ent­stand, die sich darauf konzen­tri­erte, die gewach­sene Sub­stanz des Gebi­etes zu erhal­ten und ihr gle­ichzeit­ig eine neue Qual­ität zu geben. Mit der Hil­fe von couragierten Architek­ten wurde diese Pla­nung unter großen Schwierigkeit­en umge­set­zt und Ende April 1989 dem Stadt­bezirks­bürg­er­meis­ter von Pren­zlauer Berg vorgestellt.

Nach kon­tro­ver­sen Diskus­sio­nen und durch überzeu­gende Argu­mente erre­ichte die Gruppe bei den staatlichen Entschei­dungsträgern, daß vom staatlichen Büro für Städte­bau und der Bürg­erini­tia­tive zusam­men eine abges­timmte Vari­ante für die Bebau­ung der Rykestraße zu erar­beit­en sei. Die Abris­s­pläne waren damit vom Tisch. Die Freude über den Erfolg couragierten Wider­standes war nur von kurz­er Dauer. Schnell zeigte sich nach dem Herb­st 1989, daß den alten Zwän­gen neue fol­gten. Die sich auflösenden staatlichen und städtis­chen Struk­turen und das sich schon im Vor­feld der Vere­ini­gung bei­der deutsch­er Staat­en abze­ich­nende Prob­lem der Eigen­tums­frage an Grund und Boden machte auch in der Rykestraße die Pla­nung für das Block­konzept zunichte.

Die Gründung der Mietergenossenschaft SelbstBau e.G.

Die Grün­dung der Selb­st­Bau e.G. als Mietergenossen­schaft erfol­gte im März 1990 von den Bewohn­ern der Häuser Rykestraße 13/14. In den zwei nebeneinan­der ste­hen­den Häusern wohn­ten mehrere Aktivis­ten der Bürg­erini­tia­tive, die den Abriss der Blöcke rund um die Rykestraße zu DDR-Zeit­en ver­hin­derten.

Bei der Erstel­lung eines alter­na­tiv­en Block­konzeptes zur Erhal­tung und Sanierung des Are­als hat­ten sich gute Beziehun­gen zwis­chen den Mieterin­nen und Mietern entwick­elt. Nach­dem immer deut­lich­er wurde, daß durch das Entschei­dungsvaku­um der Nach­wen­dezeit ein Beginn der so drin­gend notwendi­gen Mod­ernisierungsar­beit­en wieder in weite Ferne gerückt war, beschlossen die Mieter bei­der Häuser durch die Grün­dung ein­er Genossen­schaft eine beispiel­gebende ökol­o­gis­che und sozialverträgliche Sanierung der Häuser zu real­isieren.

Foto Versammlung in der Aula

Nach dem Abschluss eines Nutzungsver­trages wurde mit der Instand­set­zung und Mod­ernisierung begonnen. Real­isiert wurde dieses Vorhaben im Rah­men des vom Berlin­er Sen­at Anfang 1990 aufgelegten 25-Mil­lio­nen-Pro­gramms zur Unter­stützung beispiel­geben­der Pro­jek­te der behut­samen Stadterneuerung. Gefördert wur­den hier­bei 85% der Baukosten. Die restlichen 15% bracht­en die Bewohn­er in der so genan­nten “Muskel­hy­pothek”, d.h. Selb­sthil­fe und Eigenkap­i­tal, ein.

1993 kon­nte das Bau­vorhaben in der Rykestraße 13/14 abgeschlossen wer­den. Es ent­standen ins­ge­samt 44 Wohnein­heit­en und 5 Gewer­beein­heit­en. Trotz des finanziell engen Spiel­raums legt die Genossen­schaft größten Wert auf eine ökol­o­gis­chen Bauweise. Unter anderem wurde ein Block­heizkraftwerk zur Ver­sorgung der bei­den Häuser mit Strom und Wärme instal­liert sowie ein Grün­dach angelegt.

Das Haus Rykestraße 14 kon­nte 1993 unter Beteili­gung der Bewohn­er von der Alteigen­tümerin gekauft wer­den. Für die Rykestraße 13 bestand ein Pachtver­trag, der 2013 endete.

Weitere Häuser werden in Selbsthilfe saniert und modernisiert

Im Früh­jahr 1993 wurde auf Betreiben der Bewohn­er­gruppe das Pro­jekt Oder­berg­er Straße 50 in die Genossen­schaft aufgenom­men. Auch dieses Haus schaut auf eine län­gere Tra­di­tion der Eigenini­tia­tive der Bewohn­er zurück. Einige Bewohn­er des Haus­es betreiben unter hohem per­sön­lichem Ein­satz die gemein­nützi­gen Ein­rich­tun­gen ein­er Kindertagesstätte und ein­er Sozialka­n­tine. Diese bei­den Ein­rich­tun­gen kon­nten durch den Erwerb des Haus­es durch die Genossen­schaft in ihrem Beste­hen langfristig gesichert wer­den.

Auf Ini­tia­tive der Haus­ge­mein­schaft des Pro­jek­tes Fehrbelliner Straße 87 kon­nte mit der “Con­fer­ence on Jew­ish Mate­r­i­al Claims against Ger­many” im Novem­ber 1993 ein Kaufver­trag abgeschlossen wer­den. 1995 wurde das Haus Rykestraße 25 erwor­ben.

Es fol­gte im Jahr 1996 der Erwerb der Schlie­mannstraße 20, im Jahr 1997 der Immanuelkirch­straße 20 und 1998 wurde mit dem Haus Box­ha­gen­er Straße 107 / Nieder­barn­im­straße 15 das erste Haus im Stadt­bezirk Friedrichshain erwor­ben.

Durch diesen Kauf kon­nte auch das im Haus ansäs­sige Kiezki­no „Intimes“ gerettet wer­den. Ende 1998 wurde das Haus Kinzigstraße 9, eben­falls in Friedrichshain, gekauft und langfristig an die Bewohn­er­gruppe ver­pachtet.

1999 pachtete die Genossen­schaft die Häuser Kol­mar­er Straße 4 / Mühlhauser Str. 1 und das Haus Dirschauer Straße 13/14, das Haus Winsstraße 60 wurde gekauft.

Grund­sät­zlich erwirbt oder pachtet die Genossen­schaft nur Häuser, wenn der über­wiegende Teil der Bewohn­er dies möchte und sich am Pro­jekt beteiligt. Das in (West-) Berlin seit 1982 prak­tizierte Pro­gramm der “Baulichen Selb­sthil­fe” wurde bish­er in fast allen Haus­pro­jek­ten der Genossen­schaft umge­set­zt. Die Bewohn­er und Mit­glieder der Genossen­schaft erbracht­en dabei 15 — 20 % der Leis­tun­gen in Eige­nar­beit.

Mith­il­fe der städtis­chen Bauförderung in den 90er Jahren, die an Selb­sthil­fe-Leis­tun­gen der Bewohn­er geknüpft war, kon­nten die ersten Häuser erwor­ben und saniert wer­den. Seit 2005 sind nahezu kein öffentlichen Zuschüsse zur Sanierung mehr geflossen. Den Bewohn­ern wur­den in der Regel keine verpflich­t­en­den Arbeit­sleis­tun­gen aufer­legt. Um den­noch bezahlbare Woh­nun­gen zu finanzieren, find­et die Sanierung in enger Abstim­mung mit den Bewohn­ern statt. Zudem stellen sie der Genossen­schaft zur Finanzierung der Pro­jek­te Baukosten­zuschüsse oder zinslose Dar­lehen zur Ver­fü­gung.