Dieses Haus zwischen Oderberger und Eberswalde Straße mit seinen über 50 Wohneinheiten, Ateliers und Ladengeschäften, lag jahrzehntelang im Dornröschenschlaf. Während sich außen herum der Prenzlauer Berg als gentrifizierte Hauptstadtblase entfaltete, lebte in der Kastanienallee 12, auch als K12 bekannt, der brüchige Charme der Nachwendezeit ungestört weiter.
Eine der Hoftüren zwischen Prater-Biergarten und der Bar Schwarz-Sauer, führt in die K12. Dort wo Harald Hauswald in den 1980ern DDR-Punks oder Senior:Innen beim Tanz im Garten photographierte, Christoph Schlingensiefs Chance 2000 in den 90ern ihre Türen öffnete und Iepe Rubingh das Schachboxen erfand. Seit Jahrzehnten leben und arbeiten hier Menschen jeglicher Façon, die sich bis zuletzt mit günstigen Mieten ihren ganz eigenen Freiraum erhalten konnten. Mit Außenklo und Kachelöfen in den drei Hinterhäusern, mit offenen Türen und sehr viel miteinander untereinander in allen Häusern.
Tritt man in den ersten der vier Hinterhöfe ein, sieht man vom Kohlenstaub der Jahrzehnte eingefärbte braune Stuckfassaden; ein Sammelsurium von neuen und alten Fenstertypen; in den Erdgeschossen die Ateliers der Künstler*innen; vorbei an liebevoll angelegten Blumenbeeten und fröhlich vor sich hinwucherndem Grün; hört Vögel, die im Efeu nisten, sieht unsere Hauskatzen herumstromern, entdeckt vielleicht einige der vielen Kunstobjekte, die sich in überall verstecken; geht vorbei an dutzenden Fahrrädern, Graffiti und den Kreidezeichnungen der Allerjüngsten und tritt am Schluss in das Herzstück der K12 ein – unseren Teil des ehemaligen Hirschhofs — den über 1000qm großen Garten.
Dass es dieses Refugium noch gibt, ist der Selbstbau e.G. und der Stiftung Edith Maryon zu verdanken — und der Hausgemeinschaft! Denn der Dornröschenschlaf nahm 2020 ein abruptes Ende, als die Besitzerin der Häuser verstarb und ihre Erben selbiges nicht antreten konnten. Als Reaktion organisierte und vernetzte sich die Hausgemeinschaft und suchte zusammen mit der Genossenschaftlichen Immobilienagentur (GIMA) Berlin-Brandenburg e.G. eine Lösung, der drohenden Zwangsversteigerung und dem Rauswurf zu entgehen. Die SelbstBau e.G. schloss sich 2021 an und wir versuchten gemeinsam zu retten, was zu retten war.
Musikvideo “Franzi, Give Us Some Credit!” auf Vimeo: https://vimeo.com/719553924
Mit viel Eigeninitiative, medialem Getöse, Hoffesten, Ausstellungen, social media sowie einem Musikvideo plus offenem Brief an die Regierende Bürgermeisterin legten wir alles daran, die K12 zu retten, was uns in allerletzter Sekunde auch gelang. Die Stiftung besitzt seit Januar 2023 die Erdgeschosse mit ihren Ateliers und Ladengeschäften, die Genossenschaft Wohnungen und Wohnateliers in den Obergeschossen.
Groß und Klein in den Häusern, insgesamt fast 100 Menschen, stehen nun gemeinsam mit der Selbstbau e.G. vor der Aufgabe, die vier Häuser am Hirschhof in eine gute Zukunft zu führen: die Gebäude instandzusetzen und energetisch zu sanieren, ohne dabei den liebgewonnenen, kreativen Charme unseres Refugiums zu verspielen.
2024 gehts los, über 3000qm Wohn- und Arbeitsfläche werden für die Zukunft nachhaltig gestaltet.
Dornröschen erwacht und wir freuen uns darauf!
Weiterführende Links:
Website der K12: https://k12.berlin
Pressespiegel der K12: https://k12.berlin/2022/12/01/pressespiegel
Artikel in der Wikipedia: de.wikipedia.org/wiki/Hirschhof
Stiftung Edith Maryon: https://maryon.ch
Genossenschaftlichen Immobilienagentur (GIMA) Berlin-Brandenburg e.G.https://gima.berlin