Immanuelkirchstr. 20

Am 8. Jan­u­ar 1990 wur­den vom dama­li­gen Rat des Stadt­bezirks Pren­zlauer Berg 17 Häuser bzw. Haus­be­standteile für instand­set­zungswillige Haus­grup­pen aus­geschrieben, da nach dem Abzug der auswär­ti­gen Bauar­beit­er in ihre Heima­torte in Berlin viele Baustellen plöt­zlich leer standen. Am 26. März 1990 gab es dann auf­grund des hohen Leer­standes in Ost-Berlin einen Mag­is­trats­beschluß zur “Förderung von Selb­sthil­feini­tia­tiv­en der Bürg­er, vor allem beim Um- und Aus­bau von Woh­nun­gen”. Nach­dem fünf Ost­ber­lin­er, die sich schon einige Jahre kan­nten, sich für die aus­geschriebene Immanuelkirch­straße 20 entsch­ieden hat­ten, wurde am 29. März 1990 der Vere­in “Phönix e.V.” gegrün­det. Einen Tag später wurde der erste Antrag auf Zus­pruch des Haus­es gestellt, und am 13.5.1990 gab es dann die erste Ver­hand­lung mit der Arbeits­ge­mein­schaft Instandbe­set­zer (Rat des Stadt­bezirks und KWV).

Zu ersten Gesprächen mit möglichen Sanierungsträgern (Stat­tbau, S.P.I., L.I.S.T) kam es ab 1.10.1990. Am 2.11.1990 wur­den wir über­raschend von der Alteigen­tümerin Irma Borg­ersen aus Nor­we­gen besucht. Nach der Räu­mung der Mainz­er Straße wur­den im Dezem­ber angesichts ein­er dro­hen­den Rück­über­tra­gung an die Alteigen­tümerin Einzelmi­etverträge abgeschlossen, die zum Teil noch heute beste­hen.

Am 27.2.1991 wurde der WIP vom Landgericht unter­sagt, für die Immanuelkirch­straße 20 weit­ere unbe­fris­tete Mietverträge abzuschließen. Wir ver­sucht­en daraufhin, mit Unter­stützung von Stat­tbau schriftlich Kon­takt mit der Alteigen­tümerin aufzunehmen, erhiel­ten jedoch nie eine Antwort auf unsere Bemühun­gen. Das Urteil des Landgerichts wurde in der Beru­fungsver­hand­lung am 22.8.1991 vom Kam­merg­ericht wieder aufge­hoben.
Von S.T.E.R.N. wurde im Früh­jahr 1992 der erste Grobcheck für den Antrag auf Selb­sthil­fe erstellt, um das Antragsver­fahren bei der Sen­atsver­wal­tung für Bau- und Woh­nungswe­sen einzuleit­en. Die Sen­atsver­wal­tung lehnte den Antrag wegen unklar­er Eigen­tumsver­hält­nisse jedoch ab – der Antrag auf Resti­tu­tion an die nor­wegis­che Alteigen­tümerin ist erst 1996 durch eine gütliche Eini­gung entsch­ieden wor­den. Ein am 9.1.1992 zwis­chen der WIP und dem “Phönix e.V.” abgeschlossen­er Pachtver­trag ist nicht wirk­sam gewor­den, da die ver­traglich erforder­liche Zus­tim­mung von der Sen­atsver­wal­tung für Bau- und Woh­nungswe­sen eben­falls ver­weigert wurde.

Die anfänglich kleine Gruppe wuchs nach der Beset­zung im Som­mer 1990 rasch auf 21 Leute an, die neben der Durch­führung prak­tis­ch­er Instand­set­zungsar­beit­en – Fen­ster ein­mauern, Wände stem­men, Entrüm­pelun­gen — sich ideell auf einen ökol­o­gis­chen Umbau / Mod­ernisierung des Haus­es einigten. In der Satzung des Vere­ins “Phönix e.V.”, der von den Erst­be­set­zerIn­nen gegrün­det wurde, find­et sich neben dem Ziel, soziale und kul­turelle Ini­tia­tiv­en im Kiez in Gang zu brin­gen und zu fördern, bere­its eine Absicht­serk­lärung, die Organ­i­sa­tion des Zusam­men­lebens und der Vere­in­stätigkeit­en nach genossen­schaftlichen Grund­sätzen auszuricht­en.

Auch einige Jahre später set­zt sich inner­halb der inzwis­chen auf 40 Bewohner­In­nen angewach­se­nen Haus­gruppe in Diskus­sio­nen um das strate­gis­che Vorge­hen in punc­to Hauskauf die Prämisse durch, unser Haus bess­er gemein­schaftlich als Ganzes zu erwer­ben, als indi­vidu­elle Besitzver­hält­nisse in Form von Eigen­tumswoh­nun­gen oder ähn­lichem anzus­treben. Mehrheitlich ste­ht hin­ter der Entschei­dung für ein genossen­schaftlich­es Mod­ell die poli­tis­che Überzeu­gung, dass ein Wohn­haus nicht in den Pool der Speku­la­tion­sob­jek­te im Kap­i­talverkehr gehört, son­dern zur Durch­set­zung des – noch immer nicht ver­fas­sungsmäßig garantierten – Grun­drechts auf Wohn­raum beitra­gen soll.

Von diesem Entschluss war es zum Beitritt in die Selb­st­Bau e.G. nicht weit, der fak­tisch schon mit der gemein­samen Ver­hand­lung um den Erwerb des Haus­es begann. Ohne die Errun­gen­schaften der Mietergenossen­schaft schmälern zu wollen, bestand zum Beitritt für uns keine Alter­na­tive, da nur die Mietergenossen­schaft Selb­st­Bau e.G. ein Selb­st­bes­tim­mungsrecht der Haus­gruppe in den vie­len Entschei­dungs­fra­gen vom Zusam­men­leben bis hin zu Mod­ernisierungs­de­tails ein­räumte.

Bauzeit 1999 bis 2001.